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Schreiben
Schreibende und AutorInnen mit einem gewissen literarischen Anspruch können sich melden zwecks Mitwirkung bei einer «Wort für Wort in einem Zug» (WfW) Veranstaltung in der Remise Waldeburgerli, Bubendorf
www.waldeburgerli.ch
Schreibbiographie aktuell

seit 2021
Organisatorin von «Wort für Wort in einem Zug» in der Remise Waldeburgerli, Bubendorf
seit 2017
(bzw. 1970)
Autorin
seit 2008
Veranstaltungs-Moderatorin

früher

2008-2010
Moderatorin und Redakteurin 061live, Telebasel, Basel[/b]
2006-2007
Kolumnistin, Basler Zeitung
1984-1993
Wort-Beiträge und Moderation, Radio DRS I, II, III
1987-1992
lic.phil. /MSc Psychologie, Germanistik, Publizistik, Univ. ZH
1984
Journalistin, Lokal- und Auslandredaktion, Volksblatt Berlin
1983-1984
Ausbildung zur Journalistin BR, Deutsche Journalistenschule, München, Berlin
1981-1983
freie Mitarbeiterin, u.a. für Basellandschaftliche Zeitung, Liestal

Mein literarisches Ich

Mein literarisches Ich erfuhr seinen ersten tiefgreifenden Schock als Sechsjährige, als ich von der Kindergärtnerin in die Puppenecke zum Spielen geschickt wurde. Ich wollte LESEN und SCHREIBEN, nicht mit Puppen spielen, ich hasste Puppen, ich wollte in die Schule! Ich konnte ja schon lesen - auch wenn ich bis heute nicht weiss, wie ich mir das beigebracht hatte - nun wollte ich SCHREIBEN!

Mit sieben brachte ich dann auch meinen ersten Gedichtband heraus als Weihnachtsgeschenk für Götti und Gotte und andere unobjektive Fans und damit war der zweite Knick vorprogrammiert. Sechs Jahre später: Ich schrieb ein elegantes, weitgehend fehlerfreies Essay, das prosaisch «Aufsatz» hiess, und vom Sinn von Ferien im Allgemeinen und im Speziellen des Sommers 1975 handelte und darunter stand dick in Rot: «Zu abstrakt, das ist keine richtige Nacherzählung, viel zu abgehackter und salopper Stil, Note 3.»

Die Aufnahme an die renommierte Deutsche Journalistenschule in München habe ich wiederum sechs Jahre später gleichwohl geschafft. 1300 deutsche Bewerbungen, ein Oesterreicher und ich als einzige Schweizerin. 18 waren wir und es sollte Hardcore werden. Es waren die 80-er Jahre und Punk – und genau so hat es sich angefühlt: 18 weibliche und männliche Diven im gnadenlosen, kreischenden und hämmernden Konkurrenzkampf des Grossstadtdschungelpunks und ich die Jüngste vom herzigen Schweizer Lande, die erst noch kein richtiges Hochdeutsch sprach. Da half weder, dass ich schon vier Jahre Schreiberfahrung für die Schülerzeitung unter dem Pseudonym «Märlitante» mitbrachte, noch dass ich bereits für die Lokalzeitung schrieb und 1983 das 150-jährige Jubiläum der Basellandschaftlichen Zeitung mitgefeiert hatte – im Gegenteil, das war ja so was von provinziell und lächerlich! Dass ich genau 25 Jahre später, zum 175-jährigen Jubiläum von Kanton (und Zeitung) als frisch gekürte Landratspräsidentin die offizielle Festrede halten sollte an historischer Stätte in Augusta Raurica – auf Lateinisch versteht sich – stand damals auch noch in den Sternen...

Ich hab’s dann gleichwohl nach Berlin geschafft - mit einigen Undercover-Geschichten gar Furore gemacht - dann für lange Jahre zum Schweizer Radio, war dort die jüngste Journalistin BR, später auch noch zum Fernsehen. Features, Wissenschaftsredaktion, Nachtmoderationen, Talksendungen. Es war eine weitgehend beschwerdefreie und liebhaberreiche Zeit, voll von Klatsch und Tratsch und Prominenz. Anstellen lassen wollte ich mich nie, hatte noch nie im Leben einen Arbeitsvertrag, noch nie einen bezahlten Ferientag, noch nie einen bezahlten Krankheitstag. Chefs und Chefinnen waren nie mein Ding - ich ihres auch nicht…

Während der Arbeit beim Radio habe ich gleichzeitig das Althochdeutschstudium mit Bravour abgeschlossen. Dies dürfte wohl die exotischste, antiquierteste und unbrauchbarste Orchideendisziplin sein, die an einer Universität überhaupt noch gelehrt wird. Vermutlich bin ich inzwischen schweizweit die einzige, die über so etwas verfügt, was mir eher peinlich ist, zumal ich es auch noch in die Wiege gelegt bekam vom Germanistikvater. Da aber wiederum nichts bekannt ist über eine Althochdeutschgen und genauso wenig über die Vererbung von Althochdeutschverständnis, und mein Vater mit mir nachweislich nicht Althochdeutsch gesprochen hat, muss es sich dabei um eine Reminiszenz aus einem früheren frühmittelalterlichen Leben handeln, da sonst nicht erklärbar ist, dass ein Mensch von heute Althochdeutsch auf Anhieb verstehen und lesen kann…

Ausgestattet mit einem solchen Rucksack ist es nicht verwunderlich, dass ich nach dem Studium, das ich mir vollständig schreibenderweise finanziert hatte, der schreibenden Zunft für lange Jahre komplett den Rücken zukehrte. Ja, es gab Ausflüge als Kolumnistin, als Moderatorin und als Rednerin, doch Geld verdienen wollte ich mit dem Schreiben nicht mehr, meine schreibende Identität war gebrochen.

Erst heute wage ich wieder zaghafte Versuche, das alte Rizom, das die ganze Zeit untätig in der trockenen Erde gelegen hat, zu bewässern. Ich hätte wohl 30 Jahre später geboren werden sollen, hätte mit Poetry-Slam statt Punk aufwachsen sollen, dann hätte ich meine Disziplin gehabt. Doch Poetry Slam von über 30-Jährigen ist nur peinlich. Deshalb bleibt mir nichts anderes übrig, als etwas Neues zu kreieren und das heisst «Wort für Wort in einem Zug».
 
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Texte
22. Februar 2022
 
25. Juni 2021
 
18. Juni 2021
 
27. März 2021